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Facebook-Investor Peter Thiel "In Deutschland herrscht Angst vor dem Erfolg"

Konkurrenz ist nur was für Verlierer: Bei einem Besuch in seiner deutschen Heimat verbreitet Silicon-Valley-Milliardär Peter Thiel provokante Thesen - und spekuliert, wie es Facebook als deutschem Unternehmen ergangen wäre.
Peter Thiel: Investor und Provokateur

Peter Thiel: Investor und Provokateur

Foto: ? Fred Prouser / Reuters/ REUTERS

Hamburg - Weiter entfernt vom Silicon Valley war Peter Thiel wahrscheinlich schon lange nicht mehr - zumindest geistig. Die Bucerius Law School in Hamburg gibt sich als Tempel des Establishment. Schilder weisen den Weg zur "Deutsche Bank Hall" und zur "Hengeler Mueller Bibliothek". Wer an dieser privaten Hochschule Jura studiert, hat seinen Arbeitsplatz bei einer Großkanzlei (wie zum Beispiel Hengeler Mueller) fast schon sicher.

Thiel hat einen ganz ähnlichen Weg durchlaufen, in der US-amerikanischen Variante: Jurastudium in Stanford, Anwaltskanzlei in Manhattan. "Ein Konkurrenzsystem, in das von außen alle rein wollten. Und alle, die drin waren, wollten wieder raus." Thiel ist ausgestiegen. Vom Junganwalt wurde er zu einem legendären Silicon-Valley-Investor und einem ebenso legendären Provokateur. Und deshalb passt es vielleicht gar nicht so schlecht, dass er nun ausgerechnet in der Bucerius Law School im Gespräch mit einem Redakteur der "Zeit" zur Revolution aufruft.

Thiels Kernthese, von der auch sein neues Buch "Zero to One" handelt: Konkurrenz ist schlecht. Monopole sind gut. Echter Fortschritt entsteht nicht dort, wo sich Menschen gegeneinander durchsetzen müssen. Sondern dort, wo Menschen sich dem Wettbewerb entziehen. Wo sie den Mut zu eigenen Ideen haben, die sich nicht leicht kopieren lassen. Sich gegen starke Konkurrenz durchzusetzen gelte gemeinhin als Zeichen der Stärke, so Thiel, "aber in Wahrheit ist Konkurrenz was für Verlierer. Wer Konkurrenz will, macht am besten ein Restaurant auf, da hat er reichlich davon."

"Zufall ist ein atheistisches Wort für Gott"

Ein Satz, der sich natürlich leicht sagt, wenn man das Bezahlsystem PayPal mitgegründet hat, der erste externe Geldgeber bei Facebook war und im Moment groß beim Unterkunftsvermittler AirBnB investiert ist. Wenn es also im eigenen Leben nie an den richtigen Ideen zur richtigen Zeit gemangelt hat. Könnte es sein, dass Peter Thiel, grauer Anzug, kantiges Gesicht, athletische Figur, einfach nur Glück gehabt hat?

Das ist das Stichwort für die zweite provokante These, die Thiel mit nach Hamburg gebracht hat: "Zufall ist ein atheistisches Wort für Gott. Man sagt Zufall, wenn man keine Lust hat, über die wahren Ursachen von etwas nachzudenken." Und so ist auch der Erfolg von Facebook für Thiel kein glücklicher Zufall, sondern das Ergebnis eines großen Plans und des Muts, an ihn zu glauben.

"2006 rief Mark Zuckerberg den Vorstand des Unternehmens zusammen", erzählt Thiel, "es gehe nur um eine Formalie: Yahoo habe eine Milliarde Dollar für Facebook geboten, man müsse das Angebot natürlich ablehnen." Facebook machte damals knapp 30 Millionen Dollar Umsatz und keinerlei Gewinn. Und daher sahen die übrigen Vorstandsmitglieder, darunter Thiel, das Angebot keineswegs als Formalie an. Doch Zuckerberg überzeugte das Gremium, dass sein Plan für Facebook wesentlich mehr wert sei als eine Milliarde Dollar. Er sollte recht behalten.

Die passende Persönlichkeitsstruktur hilft laut Thiel bei solcher Entschlossenheit: "Viele erfolgreiche Silicon-Valley-Gründer scheinen an einer milden Form des Asperger-Syndroms zu leiden". Diese Krankheit könne es leichter machen, an technologischen oder unternehmerischen Ideen unbeirrt festzuhalten, selbst wenn andere sie schräg finden - weil man die Ablehnung gar nicht mitbekäme. Das Gegenteil sieht Thiel an der Harvard Business School: Dort wimmele es von kommunikationsstarken, aufgeschlossenen Typen, "die überhaupt keine Ideen haben".

Kritischer Blick auf die Deutsche Heimat

Im Alter von einem Jahr ist Peter Thiel mit seinen Eltern aus Deutschland in die USA ausgewandert. Er spricht sehr gut Deutsch, mit nur leichtem amerikanischem Akzent. Doch er macht kaum einen Hehl daraus, dass ihm die alte Heimat fremd geworden ist. "Pessimistisch und gemütlich" gehe es in der Bundesrepublik zu. In der deutschen Startup-Szene herrsche "sozialdemokratisches Denken": Man solle viele Unternehmen gründen, aber die sollten bloß nicht zu groß werden. "Viele sprechen von der Angst vor dem Versagen. In Deutschland herrscht eher eine Angst vor dem Erfolg. In Deutschland hätten wir Facebook 2006 an Yahoo verkauft."

Zum Schluss eine Frage aus dem Publikum: "Ich heiße Axel und mache seit 15 Jahren Internet. Wieviel Ausdauer braucht man als Startup-Unternehmer?

Seine Antwort an Axel-ich mach-seit-15-Jahren-Internet verpackt Thiel in ein Gleichnis: "Am Gepäckband am Flughafen sollte man immer noch ein bisschen länger stehenbleiben, vielleicht kommt der vermisste Koffer ja doch noch." Aber dann gebe es irgendwann auch den Moment, an dem man sich einfach mal eingestehen müsse: Der Koffer ist weg.

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